In meiner seit August begonnene Ausbildung zum staatl. geprüfte Gymnastiklehrerin, begann gestern das Schwimmtraining für DLRG-Rettungsschwimmabzeichen in Silber...
Ich war noch nie eine besonders gute Schwimmerin. Ich hatte in meinem Leben nie Schwimmunterricht gehabt und habe das Schwimmen als Kind einfach durch abguggen in Freizeitbäder mir selbst beigebracht und das war ein mehr schlecht als recht ein Froschmäßiges, vorwärtspaddeln, mit viel Kraftaufwand und ohne Technik. So war Schwimmen, wie so viele Dinge noch in meiner Kindheitsphase, ein völlig vergessener und vernachlässigte Fertigkeit.
In der kieler Uni-Sportforum-Schwimmhalle habe ich schließlich gemerkt, wie schlecht ich war... So musste ich mich gleich vier Angst-Dämonen (!!!) innerhalb von 60 Minuten Zeit mich stellen, überwinden und meistern, und das war verdammt schwer....
Der erste Dämon war - das kalte Wasser. Ich weiß nicht warum, aber mit kaltem Wasser mich da hineinzubegeben da habe ich schon immer mich sehr lange rumgeziert und habe seeehr lange gebraucht bis ich das kalte Wasser dann soweit abhaben konnte, um reingehen zu können.... Normal sonst, wenn ich schwimmen war, duschte ich von lauwarm und ganz langsam immer kühler werdend und dann stand ich nochmal fast 10 Minuten lang am Beckenrand herum und lief nur mit den Füssen langsam hinein und gaanz langsam immer tiefer rein etc. ...
Doch am Freitag konnte ich es nicht bringen, klar... da hieß es: Köpper - rein!.....
Und damit wurde ich sogleich auch mit meinem zweiten Angst-Dämon konfrontiert - Kopfsprünge vom Bock aus! Ach Du Scheiße - dachte ich da nur noch........
Ich bin ja nun jetzt 35 Jahre alt, aber ich habe in meinem Leben noch nie Kopfsprünge von der Sprungschanze aus gemacht! Selbst vom Beckenrand machte ich keine Kopfüber-sprünge - das war einfach nicht!
Ich hatte ungemein große Hemmungen Kopfüber zu springen....... Aber ich konnte mich dem nicht entziehen, ich musste..... und ich hatte lange Minuten am Bock gestanden, welches ja nur ca. 60-70 cm hoch ist und dennoch, bekam ich zugleich es auch mit meinem dritten Dämon zu tun.... Die Höhe....
Aber es half alles nichts... Ich musste.... ich musste mich überwinden, kopfüber, ins kalte Wasser, aus einer kleinen Höhe ins Wasser zu springen.....
Gott, was liefen da unzählige Engramme nun gerade an als ich dann kopfüber ins kalte Wasser sprang....
Nach den ersten Schock-schreckmoment ging es mir wieder gut und wir schwammen erst mal ein paar Bahnen lang....
Aber das war ja noch nicht alles! .... Nun mussten wir zum 3m-Brett antreten... Ohgott!, dachte ich da nur.... da bin ich in meinem Leben noch nie davon abgesprungen! Und das von so hoch... herrje....
Aber was habe ich gemacht? Es half alles nichts, ich reihte mich ein, in meiner Klasse und eine nach den anderen sprangen sie herein, bis ich an der reihe drann war, und balancierte auf dem wippenden Sprungbrett nach vorne und ich hatte Höhenangst ohne ende gehabt, und von dieser Höhe aus sollten wir auch Köpper machen? Ich dachte nur Ohgottogottogott...
Und wieder stand ich Minutenlang am Brett, welches bei jeder Bewegung sofort wippte und meine Höhenangst mit jeder Auf- und Abwärtsbewegung nach oben jagte, wo ich den Eindruck bekam, das Wasser unter mir wurde immer tiefer und tiefer... Ich hatte es nicht geschafft, Köpper rein zu machen. Aber immerhin überwand ich mich, zu springen, mit den Füssen zuerst halt.... Aber dennoch - bei dieser Höhe tauchte man schon ein gutes Stück tiefer ab, und zusehen, sich wieder an die Oberfläche zu paddeln. Das weckte schließlich meinen 4. Angstdämon.... Die Angst vor dem Ertrinken....
Tja,... aber es half alles nichts, und wir mussten wieder und wieder rann... Da ich ja aber auch sehr ehrgeizig war und die Ausbildung wie auch das Rettungsschwimmabzeichen und meine inneren Dämone, das alles packen wollte, überwand ich mich beim 4. Sprungdurchlauf auf dem 3m-Brett, auch einen Köpper zu machen.
Gott, was bin ich blos für eine Angsthase..... -.-
Doch aber war das ja immer noch nicht alles!... Denn dann ging es prompt zum 5m-Brett hoch und als ich dann bei 5 Meter oben stand, klammerte ich mich einfach nur nloch an die Brüstungsgeländer und musste erst einmal die Höhe verkraften........ Vom 5m-Brett bis zum Wasser, das war eine Höhe von fast 2 Gebäude-Etagen!... Ich weiß nicht wie lange ich da oben stand und erst mal meine Mitschüler eine nach dem anderen durchwinkte, die sollen vor gehen ich bräuchte noch ein bisschen Zeit, aber es half alles nichts, auch ich musste runter..
Für ein paar Minuten nur da zu stehen und erst mal die Höhe verdauen, als ich da oben stand und runterstarrte, hat ein klein wenig geholfen, nun zumindest das Geländer loszulassen und schließlich allen Mutes zusammen zu raffen, um dann auf dieses Sprungbrett zu steigen... Mein Herz machte einen Schreckhüpfer nach dem anderen, als ich bemerkte, wie sehr die 20 cm höher montierte Sprungbrett mich schon wieder fast ins Schwindeln brachte, und als ich dann mit zitternden Knien und dem Heulen nahe zumute langsam dem wippenden Ende vorwärtsbalancierte, hätte ich fast gekotzt von dieser Tiefe und das Wasser da unten das bewegte sich auch noch so wellig und das Sprungbrett bewegte sich und ich stand da vorne und nichts war da wo ich mich noch festklammern konnte....
Die Mädels meiner Klasse standen unten alle und feuerten mich an und riefen mir Mut zu, ich schaffe das, ich kann das, und applaudierten schon weil ich es endlich gewagt habe, überhaupt aufs Brett zu balancieren, und ich weiß nicht wie lange ich da oben stand und mir war zum Heulen zumute...
Aber es half alles nichts... Ich musste mich überwinden... Ich musste mich meinen Dämonen stellen, früher oder später musste ich das...
Es war seltsam.... Der kurze Zeitraum, zwischen dem Moment wo meine Füsse vom Brett rutschte und dann, wo ich ins Wasser eintauchte, diese Phase des freien Falls, konnte - und kann es heute auch noch immer nicht - ich mich gar nicht erinnern... Es ist ein kurzer Moment von Blackout... Weg... aus dem Gedächtnis gestrichen... verrückt!... Ich wusste nur noch das ich ins Wasser reinklatschte - mit den Füssen vorran versteht sich! - und durch den lautreissend sich anhörenden Klatschen und vom darauffolgenden hohen Wasserdruck erst wurde mir bewusst, das ich tatsächlich gesprungen war! Schnell strampelte ich mich nach oben und schwamm zum Beckenrand und war körperlich und emotional nur noch fix und fertig....
Meine Klasse bejubelten mich und klatschten und munterten mich auf - klar, denn es ist in der gesamten 1,5 Stunden langem Schwimmtrainings keinem entgangen, das ich da nicht sonderlich fitt darin war und so meine Galgenängste hatte ...
Noch einmal wollte ich aber nicht da rauf und runter.... Ich blieb am Beckenrand sitzen und ich fühlte mich einfach nur noch fertig... Mein rechtes Ohr tat weh, es fühlte sich an, als sei das Wasser durch mein rechtes Ohr bis in den Rachen durchgerissen, denn mir tat der Rachen Weh und das rechte Ohr im Zusammenhang und ich befürchtete schon, irgendwie so blöd ins Wasser eingetaucht zu sein, dass es mir das Trommelfell zerriss... Aber es war nichts, inzwischen hatte sich der Schmerz wieder gelegt und ich höre noch genauso gut oder schlecht wie zuvor auch...
Ich war froh, als schließlich die Stunde zu Ende war und ich nach Hause konnte....
So war dies eine Stunde voller Highlights... das erste mal Kopfsprünge ins kalte Wasser, erste mal vom 3m-Brett und erste mal vom 5m-Brett...
Ich stellte mich meiner Angst vor der Höhe, vor Kopfsprünge, vor dem kalten Wasser und vor dem Ertrinken....
Wie wohl der nächste Freitag aussehen wird? Ich weiß es nicht.... Ich hoffe nur, das durch das Schwimmtraining, welches mich für den rest des Tages ganz schön durch den Wind brachte, mich nicht noch mehr wertvolle Menschen kosten wird, denn der nächste Highlight - oder auch besser "Downlight" - war schließlich, das ich einfach nur noch emotional reagierte von vorne bis hinten nach so einem aufregenden Tag... Es kostete mich den kostbarsten Menschen, den ich je in meinem Leben hatte... scheiße...... Aber könnte ich es ihm erklären? Könnte ich mich erklären, jetzt wo ich einigermaßen etwas Abstand gefunden habe? Ich schätze nein... Er würde es wohl als Ausreden halten.... Ich kann ihm nicht sagen "Es tut mir leid, Taja....", denn er würde es nicht verstehen...
Und woher kommt meine Dämonen vor kaltem Wasser und Ertrinken? Kam ich einst in einem früheren Leben in kaltem Wasser durch Ertrinken ums Leben? ... Das erinnert mich an meine unzählige Alpträume über den "Todessee", welches ich als kleines Kind an schon davon träumte, obwohl es in diesem Leben kein einziges Ereignis gab, wo ich in irgendeiner Form beim Schwimmen in Gefahr geriet...
Tja.... mal sehen wie es weitergeht......... :-( .........