Seit Januar diesen Jahres 2oo7 arbeite ich in einer REHA-Klinik mit gleich zwei Job's: Zum einen arbeite ich an den Wochenenden im Bistro-bereich entweder im Küchendienst oder als Bedienung, und zum anderen unter der Woche frühmorgens als Reinigungskraft, die Patientenzimmern oder Praxen sauber machen. Es macht mir nichts aus, das ich nicht mehr meinen ursprünglich, gelernten Job - nämlich Bauzeichnerin, Fachrichtung Hochbau - ausübe. Denn als Bauzeichnerin sitzt man 8 Stunden am Tag vorm CAD und man hat nichts anderes zu tun als zeichnen, zeichnen, zeichnen, zeichnen... Auf Dauer sehr eintönig, anstrengend und todlangweilig.
Jetzt werden sicher Kritiker vielleicht verwundert sein, was am "Putzjob" denn so viel interessanter sein soll... Lasst es mich mal so erklären. Vom Intelligenzanforderungen und "Status" her (*Lieblingsguru, der nicht genannt werden will zuwink*) ist der Job als Reinigungskraft in der tat sehr anspruchslos. Man hat eine bestimmte Station und die macht man plump gesagt, sauber.
Das "interessante" dabei ist jedoch folgendes: Als Bauzeichnerin sitzt man 8 Stunden am Tag im stillen Kämmerlein vor dem Computer und der einzige Kontakt zu Menschen bildete der Vorgesetzte oder auch ab und an mal einen Bauherren. Als Reinigungskraft in einer REHA-Klinik jedoch, habe ich es täglich etwa mit hunderten von Menschen zu tun, Patienten, Schwestern, Ärzte und Kollegen. Und, man möge es mir glauben oder nicht, ich bin - nein, war - ein sehr, sehr kontaktscheuer, menschenängstlicher Person, bevor ich in der REHA anfing.
Anfang's war es wirklich ein täglicher, überwindender Sprung ins kalte Wasser. Doch im laufe der Zeit - und nicht unerheblich daran mitwirkend, mein intensives spirituelles Arbeiten und Schattenarbeiten, mit Hilfe von zwei Schamanen und einem Magier - verlor ich meine Furcht vor andere Menschen, und ich begann sogar, richtig spass daran zu haben, mich mit fremde Menschen zu unterhalten.
Meine Arbeitszeit ist oft von 5:30 Uhr bis10:30 Uhr. Das heißt, mir bleibt der rest des Tages für mich - und mir ist meine freie Zeit schon seit jeher wichtiger, als ein Ganztagsjob mit etwas mehr Geld. Das stand für mich schon fest, da ging ich noch in die Schule, da ich immer auf sehr traurige und dramatischer weise miterleben musste bei den eigenen Eltern, wie sie nach lange, 8-10 Stunden Arbeiten müde nach Hause kamen und ihre verbliebene Zeit damit verbrachten, sich vor der Glotze berieseln zu lassen und anschließend erschöpft ins Bett fallen zu lassen. Und was hatten sie davon? Ein paar lausige Kröten mehr, um einmal im Jahr irgendwo in den Urlaub fahren zu können. DAS war es mir nie wert gewesen, so war schon seit früher Kindheit an für mich das klar gewesen. Da verzichte ich auf mehr Lohn und habe dafür mehr Zeit für mich selbst und genieße noch einen halben Tag wo ich tun und lassen konnte, was ich will. In dem Fall widme ich den großteil meiner Freizeit damit, in verschiedene magische/esoterische Systeme zu studieren und an mir spirituell zu arbeiten!
Doch zurück zum Thema. Es ist erstaunlich, mit wievielen unterschiedlichen Menschen man es zu tun bekommt, und wieviel Abwechslungen man erfährt, wenn man in einer riesigen REHA-Komplex als sog. "Springer" arbeitet. Normalerweise haben Kollegen je eine fest eingeteilte Station - ein Bereich, den sie täglich bearbeiten. Als Springer fungiere ich aber als Urlaubs- und Krankheitsvertretung und komme überall hin, wo ich gerade gebraucht werde. Mal sind es Arztpraxen, Behandlungszimmern, Gymnastikhallen, Hallenbäder, Patientenzimmer, Kantinenbereiche, Verwaltungsbereiche. Wenn mich einer fragen würde, ob ich wieder in meinem alten Beruf als Bauzeichnerin zurück kommen wolle, oder lieber weiterhin als "Putzfrau" zu arbeiten - so fiele mir die Antwort sehr leicht! Auch wenn es für Kritiker dies als einen "niedrigeren Job" oder "unterster Status" ansehen würden, würde ich den Reinigungsjob hundertmal vorziehen, als wieder als Bauzeichnerin einzusteigen.
Nun - jetzt kommt noch ein dritter Punkt hinzu, weswegen mir der Job wirklich Spass macht. Ich habe in der Zeit, als ich in der REHA anfing, sehr viel gelernt und sehr viel an mir gearbeitet. Ich bekam mein Kontaktscheu und Menschenangst weg, und kann mittlerweile ohne Angstgefühle und Beklemmungen auf andere Menschen zugehen. Das hätte ich als Bauzeichnerin oder in einem anderen tristen Bürojob niemals gelernt. Darüber hinaus, konnte ich in der Zeit meine Kommunikationsfähigkeit schulen - und bin nach wie vor dabei, mich da zu verbessern. "Smalltalk" oder allgemein Unterhaltungen führen, war noch nie meine Stärke - und aufgrund meiner frühere Schüchternheit bekam ich auch einfach nicht die Zähne auseinander und war eine ganz stille, in sich gekehrte graue Maus. In der REHA blieb mir nichts anderes übrig mich mit den Leuten zu befassen - und als ich irgendwann den Punkt raus hatte, das es so schlimm garnicht ist, tat sich eine richtige Wendung in mir.
Gerade diese Woche bemerkte ich sehr krass, wie "weit" ich eigentlich schon gekommen bin... Ich kam auf einer Station, bei einer Kollegin, die ich zur Anfangszeit schon als eine ganz komische, mürrische Frau kennengelernt hatte. Nun war ich eine ganze Woche auf ihrer Station. Am Anfang meiner REHA-Zeit hatte ich ein bischen Bammel vor ihr, weil sie mir immer so komisch mürrisch rüberkam und absolut unnahbar und distanziert und pöpelig. Jetzt - wo sich bei mir selbst in der zwischenzeit sehr viel getan hatte in dem was ich alles gelernt hatte - arbeitete ich bewusst sowohl an unser Verhältnis als auch an meiner Kontaktängstlichkeit der Kollegin gegenüber. Schon nach drei Tagen begann diese Frau, regelrecht aufzublühen und ich sah sie das erste mal ehrlich lächeln, wo ich zuvor ihr Gesicht nur mit heruntergezogenen Mundwinkeln und reingefressene Sorgenfalten in der Stirn kennenlernte! Es bereitete mir eine irre Freude, diese in sich gekehrte, mürrische, ja scheinbar fast depressiv veranlagte Frau aus sich "herauszulocken", was mir auch hervorragend gelang, und am vierten und letzten Tage verstanden wir uns wirklich sehr gut, und ich merkte regelrecht, das sie mich richtig mochte und meine Anwesenheit zu schätzen lernte. Denn sie suchte immer öfters meine Nähe (wo sie zuvor sehr distanziert wirkte) und es war ihr anzumerken, das sie gerne mit mir sprach. In der Zeit fand ich so einiges raus, was sie so mürrisch machte und verstehe sie nun um einiges besser.
Gegen ende unserer Arbeitszeit am Freitag, wo ich das letzte mal da war auf dieser Station, sah ich sichtlich bedauern in ihrem Gesicht, das ich nun ab nächste Woche wieder woanders bin. Ihre Worte an mich abschließend, ging runter wie Öl und es gab mir wirklich sehr, sehr viel, mehr als ich gedacht hätte, und hätte nicht gedacht wie gut das tut, so etwas zu hören zu bekommen: "Es war schön mit Dir zu arbeiten". Aufrichtige Worte, vom Herzen und sehr freundschaftlich... mit einer Spur von Bedauern, das ich nun wieder weg gehe. Diese art von "Bestätigung", welches wie "Balsam für die Seele" ist, ist für mich so viel mehr wert, und tut einem einfach so gut, das könnte man garnicht mit Euro aufwiegen - denn das ist für mich Lohn genug.
Ich glaubte sogar, das erste mal sowas wie eine kraftvolle Welle possitiver Energien gespürt zu haben, erzeugt von diese aufrichtigen Worte... was mich wirklich sehr erfüllte, Bestätigung gab und mich einfach unheimlich freute, etwas possitives bewirkt zu haben - nämlich sie auf einer etwas höheren "Tonstufe" zu bringen, einfach durch meine possitive und angenehme Ausstrahlung und ein klitzeklein wenig mit gezielten, fragenden Worten, um sie etwas aus sich heraus zu bringen....
Viele liebe Grüße
Singar